Oscar-Historie
Sieben denkwürdige Momente in der Oscar-Geschichte
Seit 95 Jahren kürt die Oscar-Academy jedes Jahr die besten Filme und Filmschaffenden. Im Laufe der Zeit gab es während der Zeremonie einige heitere und denkwürdige Momente, auf die hier zurückgeschaut wird.
M. Rösner | 23. Februar 2023

1. Die längsten Standing Ovations
Während der 44. Oscar-Verleihung im Jahr 1972 erhielt Charlie Chaplin nicht nur einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk, sondern auch 12 Minuten lang Standing Ovations – bis heute der absolute Rekord. Der Grund für so viel Jubel war ein tragischer Umstand: Der beliebte Komiker und Schauspieler musste 1952 wegen angeblicher kommunistischer Sympathien die USA verlassen. Erst 20 Jahre später kehrte Charlie Chaplin nach Hollywood zurück, um seinen Ehren-Oscar entgegenzunehmen. Der herzliche Empfang rührte den 82-Jährigen zu Tränen und er bedankte sich mit den Worten: „Dies ist ein emotionaler Moment für mich und Worte scheinen so nutzlos, so schwach. Ich kann mich nur für die Ehre bedanken, mich hierher eingeladen zu haben und ihr seid wundervolle, süße Menschen. Danke schön.“
2. Die glücklichsten Freudenhüpfer
Im Jahr 1999 hüpfte der 46-jährige Roberto Benigni während der 71. Oscar-Verleihung voller Freude seinem Oscar entgegen – so viel Begeisterung für einen Oscar-Sieg hatte es noch nie gegeben.
Als damals Sophia Loren verkündete, dass Roberto Benigni, der Regisseur und gleichzeitig Hauptdarsteller der Tragikomödie „Das Leben ist schön“ (1997), den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen hatte, kletterte Benigni lachend und mit viel Schwung auf die Stuhllehne seines Vordermanns. Von dort aus winkte er freudig allen zu, lief über das Publikum und hielt sich kurz an Steven Spielberg fest. Dann hüpfte er überglücklich die Treppen hoch auf die Bühne. In seiner Dankesrede wollte er „alle küssen“ und dankte seinen Eltern für das „Geschenk der Armut“. Der Abend wurde später für ihn noch einmal gekrönt: Er erhielt den Oscar als bester Schauspieler.
3. Die kürzeste Dankesrede
„Danke schön.“ Mit diesen Worten hielt der Meister der Suspense, Alfred Hitchcock, die kürzeste Dankesrede in der Oscar-Geschichte. Kurz danach fügte er noch ein „very much“ hinzu, aber da hatte das Orchester bereits eingesetzt und die Worte des berühmten Regisseurs abgeschnitten. Warum der 68-jährige Hitchcock bei der Verleihung seines Spezial-Oscars 1968 so wortkarg war, darüber wird seither spekuliert.
Es könnte sein, dass der bis dahin fünf Mal als bester Regisseur nominierte, aber immer leer ausgegangene Kultregisseur wütend darüber war, nur den Irving G. Thalberg Memorial Award verliehen zu bekommen. Diese Auszeichnung ist keine traditionelle goldene Oscar-Statuette, sondern eine Büste des legendären Leiters von MGM, nach der sie benannt ist. Sie wird an besonders kreative Filmproduzenten verliehen.
Vielleicht wollte er den Preis aber auch in typischer „Hitch-Manier“ entgegennehmen – eben ohne zu viel zu zeigen und vieler Worte.
4. Der erste Oscar an eine weibliche Regisseurin
Die Oscar-Academy brauchte 82 Jahre, bis sie endlich einen Award für die beste Regie an eine Frau vergab. Am Abend des 10. März 2010 erhielt die Regisseurin Kathryn Bigelow für ihre Regiearbeit am Low-Budget Kriegsfilm „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“ (2008) den Oscar für die beste Regie und schrieb dabei Academy-Geschichte.
Nachdem Barbra Streisand den Namen der 60-jährigen Kathryn Bigelow verkündet hatte, war die Regisseurin sichtbar verblüfft. Auf der Bühne überblickte sie strahlend die Standing Ovations vor ihr und sagte in ihrer Dankesrede, dass es der Moment ihres Lebens sei. Ihr Kriegsfilm erzielte an diesem Abend insgesamt sechs Auszeichnungen, darunter bester Film.
5. Der erste Oscar an eine Afroamerikanerin

Am 29. Februar 1940 erhielt Hattie McDaniel als erste Person mit afroamerikanischer Herkunft einen Academy-Award – zu jener Zeit zeichensetzend und natürlich ein großer Moment in der Academy-Geschichte. Ausgezeichnet wurde sie mit einem Oscar als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle als „Mammy“ in „Vom Winde verweht“ (1939). Stolz nahm die 46-jährige Schauspielerin vor ihren weißen Kollegen den Preis
entgegen. Zum Ende ihrer Dankesrede sagte sie mit Tränen in den Augen: „Ich hoffe aufrichtig, dass ich meiner Rasse und der Filmindustrie immer Ehre machen werde. Mein Herz ist zu voll, um ihnen zu sagen, wie ich mich fühle.“ Unter Applaus verschwand sie daraufhin sehr schnell von der Bühne.
Skandalös war jedoch, dass sie an diesem Abend wegen ihrer Hautfarbe getrennt von ihren weißen Film-Kollegen sitzen musste.
6. Die meisten Oscars in einer Nacht
Während der 26. Oscarverleihung gewann Walt Disney vier Oscars, – vorher hatte das noch keiner geschafft. Der 52-jährige Disney-Gründer erhielt 1954 jeweils einen Award in den Kategorien bester animierter Kurzfilm (Cartoon) „Rugged Bear“ (1953), bester Kurzfilm (2 Filmrollen) „Ben und ich“ (1953), bester Dokumentarfilm – Kurzfilm „The Alaskan Eskimo“ (1953) sowie bester Dokumentarfilm „Die Wüste lebt“ (1953).
Walt Disney hält insgesamt den Rekord für die meisten Academy Awards in der Geschichte. Stolze 26 Oscars konnte er im Laufe seines Lebens mit nach Hause nehmen.
Seinen niedlichsten Oscar-Gewinn erhielt er während der 11. Oscar-Verleihung am 23. Februar 1939. Damals übergab ihm der Kinderstar Shirley Temple einen Ehren-Oscar für „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937). Dieser bestand aus einem Oscar in voller Größe zusammen mit sieben kleinen Mini-Oscars.
7. Die längste Oscar-Rede
Nach 45 Sekunden ist Schluss. Länger darf kein Oscar-Gewinner seine Dankesrede mehr halten. Diese Regelung bestand 1943 noch nicht, als die Schauspielerin Greer Garson eine nicht enden wollende Dankesrede hielt. Die 38-Jährige erhielt während der 15. Oscarverleihung einen Award als beste Schauspielerin für ihre Leistung in dem Kriegsdrama „Mrs. Miniver“ (1942). Während ihrer legendären sechsminütigen Dankesrede bedankte sich Greer Garson sowohl bei der Oscar-Academy als auch bei ihren ganzen Wegbegleitern. Ihr nicht enden wollender Redefluss hatte zur Folge, dass in den darauffolgenden Jahren die Sieger gebeten wurden, sich kürzer zufassen.
Seit dem Jahr 2010 ist die Redezeit schließlich so knapp gehalten, dass die Musik scheinbar immer sehr schnell aufspielt – obwohl manche Oscar-Sieger noch gerne viel länger reden würden.