Rezension

Nope: Ein Horrorfilm über die dunkle Macht des Spektakels

Mit „Nope“ präsentiert der Regisseur und Oscar-prämierte Drehbuchautor Jordan Peele seine ganz eigene Darstellung eines großen amerikanischen Ufo-Science-Fiction-Epos und beweist, dass er noch immer originelle Horrorgeschichten erzählen kann.

M. Rösner | 29. September 2022

OJ Haywood (Daniel Kaluuya) vor seiner Ranch, auf der es nicht mit rechten Dingen zugeht. (Foto: EclairPlay)

In „Nope“ zeigt Peele wieder seinen individuellen Stil der doppeldeutigen Schreckensversionen. Gleich zu Beginn fesselt seine Geschichte durch einen mysteriösen Tod. OJ Haywood (gespielt von dem Oscar-prämierten Daniel Kaluuya) arbeitet als Pferdetrainer zusammen mit seinem Vater, dem legendären Hollywood-Pferdetrainer Otis Haywood Sr. (gespielt von Keith David) auf einer einsam gelegenen Ranch in Kalifornien. Diese befindet sich schon lange im Familienbesitz. Eines Tages, als OJ mit seinem Vater gerade auf der Pferdekoppel steht, hagelt es plötzlich kleine metallene Gegenstände aus einer dunklen Wolke, die sich direkt über ihrer Ranch befindet. Sein Vater, der soeben noch auf einem Pferd saß, fällt im nächsten Moment lautlos von dem Tier herunter. Später im Krankenhaus ist auf einem Röntgenbild zu sehen, dass Otis von einer Geldmünze getroffen wurde, die durch sein Auge schoss und in seinem Gehirn stecken blieb, wodurch er zu Tode kam. Die offizielle Erklärung für diesen Unfall lautet, dass Gegenstände aus einem Flugzeug gefallen sind. Aber für OJ ergibt das alles keinen Sinn. Nach einem weiteren mysteriösen Vorfall auf der Ranch versucht er zusammen mit seiner Schwester Emerald (gespielt von Keke Palmer) Beweise dafür zu finden, was genau am Himmel die abgelegene Schlucht heimsucht, auf der sie leben. Als sie versuchen, die mysteriösen Ereignisse mit der Kamera aufzunehmen, eskaliert die Lage.

Jordan Peele und die Idee zu dem Filmtitel „Nope“

Der ehemalige Comedian Jordan Peele erzielte mit seiner ersten Regiearbeit „Get Out“ (2017) einen unglaublich kommerziellen Erfolg und gewann einen Oscar für sein Drehbuch. Zwei Jahre später folgte der ebenfalls erfolgreiche Horrorfilm „Wir“ (2019). Peele, der für seine Horrorfilme auch die Drehbücher schreibt, glänzt in seinen Filmen immer wieder mit originellen Geschichten. In seinem Erstlingswerk hatte er das Thema verdeckter Rassismus eingebracht. Beim zweiten tauchen plötzlich terrorisierende Doppelgänger auf.

Während dem Schreiben des Drehbuchs zu seinem dritten Film machte sich Peele Sorgen um die Zukunft der Kinos, wie er während der Promotion für seinen Film erzählte. Daher wollte er mit „Nope“ einen Film schaffen, den das Publikum im Kino einfach sehen muss. Als Erzählgrundlage wählte er das Genre der großen amerikanischen UFO-Geschichten aus. Neben den genretypischen Filmen wie Steven Spielbergs „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1977) und „Signs“ (2002) fügte er auch Einflüsse von Spektakelfilmen wie „Jurassic Park“ (1993) ein. Gegenüber dem Magazin Fandango erklärte Peele, dass der Film „vom Spektakel und dem Guten und Schlechten, das mit dieser Idee der Aufmerksamkeit einhergeht“, handelt. Zudem ist der Film ein Horrorepos, in dem es einige Stellen gibt, „die im Kino eine sehr hörbare Reaktion hervorrufen sollen“. Schon während dem Schreiben des Drehbuchs dachte Peele über diese hörbare Reaktion nach und musste dabei feststellen, dass sich dieser Ausruf auch gut als Titel des Kinofilms eignen würde: „Nope“ zu deutsch Nein.

Mehr über Jordan Peele erfährst du in dem Artikel Jordan Peele: Vom Comedian zum Horror-Regisseur.

Emerald (Keke Palmer) ihr Bruder OJ und Angel Torres (Brandon Perea, rechts) auf der Jagd nach ganz besonderen Aufnahmen. (Foto: EclairPlay)

IMAX-Kameras bringen Peeles Augen zum Leuchten

Immer wenn Jordan Peele in einem Videointerview (u. a. Today) über seinen Film sprach, leuchteten plötzlich seine Augen auf, wenn es über den Einsatz der IMAX-Kameras ging. Denn „Nope“ ist der erste Horrorfilm, der teilweise mit diesen kostspieligen und schweren Kameras gedreht wurde. Diese Kameras sind ein Teil des IMAX-Kino-Systems. In IMAX-Kinos werden scharfe Bilder auf besonders große Leinwandflächen projiziert, die das Gesichtsfeld des Zuschauers nahezu vollständig ausfüllen. Dadurch fühlt es sich für den Kinobesucher an, als würde er sich selbst mitten im Filmgeschehen befinden.

Aber auch ohne IMAX-Kino ist der Film sehenswert und zieht den Zuschauer mit seinen grandiosen Bildaufnahmen, die der Kameramann Hoyte van Hoytema („James Bond 007: Spectre“/“Dunkirk“) machte, in seinen Bann. Für sein weiteres Filmteam setzte Peele wieder auf altbewährte Zusammenarbeit. Für das stimmige, leicht schäbig aussehende Design des Filmsets war die Produktionsdesignerin Ruth De Jong („Wir“/“Manchaster by the Sea“) verantwortlich. Die gelungene atmosphärische Musik komponierte wieder Michael Abels („Get Out“/“Wir“).

Keke Palmer glänzt in jeder ihrer Szenen

Daniel Kaluuya (Oscar-prämiert für „Judas and the Black Messiah“), der schon in Peeles Erstlingswerk „Get Out“ in der Hauptrolle überzeugte, spielt in „Nope“ solide den ruhigen OJ Haywood. Neben ihm als seine Schwester Emerald beeindruckt Keke Palmer („Hustlers“/“Alice“) mit einem unglaublichen schauspielerischen Elan.

Während OJ versucht, nach dem Tod seines Vaters die Ranch weiter zu betreiben, versucht Emerald in Hollywood reich und berühmt zu werden. Als die beiden Geschwister eines Tages auf der Ranch vermuten, dass es sich am Himmel um ein Ufo handeln könnte, das sich hinter einer schwebenden Wolke versteckt, hilft ihnen der junge Elektrospezialist Angel Torres, gespielt mit viel Witz von Brandon Perea („The OA“/“American Insurrection“) weiter. Er installiert Überwachungskameras auf der Ranch, um Beweisaufnahmen von dem mysteriösen Ufo aufzunehmen. Da die Haywoods Hollywood Horses Ranch in finanziellen Nöten steckt, kauft ihnen der ehemalige Kinderstar Ricky „Jupe“ Park, gespielt von Steven Yeun („Okja“/“Minari – Wo wir Wurzeln schlagen“) für seinen Westernthemenpark „Jupiters Claim“ ein paar Pferde ab. Dieser Park liegt in nächster Nachbarschaft zur Ranch. Park bemerkt, was auf der Ranch vor sich geht, und versucht, das mysteriöse Ufo gewinnbringend in eine spektakuläre Westernshow einzubauen. Nach einem grausamen Ereignis gehen die Geschwister die Sache professionell an und engagieren den berühmten Kameramann Antlers Holst, fasziniert gespielt von Michael Wincott („Hitchcock“/“Forsaken“).

Die Bedrohung kommt näher. (Foto: EclairPlay).

Fazit

Peele beweist mit „Nope“, dass er noch immer ein Meister des originellen, Geschichtenerzählens ist. Obgleich im Horrorfilmgenre alle Geschichten erzählt schienen, kommt er und legt wieder einen originellen Film nach.

Die treibende Kraft in seinem Ufo-Science-Fiction-Epos ist das Filmemachen an sich und damit einhergehend die Jagd nach spektakulären Aufnahmen. Peele fügt Elemente aus der vermeintlich idyllischen Wild-West-Ära ein und greift auch visuell auf die ersten Filmaufnahmen („Galoppierendes Pferd“ 1887) aus jener Zeit zurück, um eine Horrorgeschichte zu erzählen, die mit unglaublich vielen doppeldeutigen Einfällen glänzt. So fügt sich immer stärker die dunkle Macht des Spektakels in das Leben der Geschwister OJ und Emerald ein. Beide gehen bis zum äußersten und riskieren ihr Leben, um spektakuläre Aufnahmen eines mysteriösen Ufos zu erstellen, wodurch sie sich viralen Ruhm erhoffen und letztendlich Geld.

Der Film ist an manchen Stellen von seinem Erzählstrang nicht unbedingt perfekt, aber für Fans von Horrorfilmen unbedingt sehenswert.

Mehr Infos zum Film:

Titel: Nope (USA 2022)

Genre: Horror-Si-Fi

Regie/Drehbuch: Jordan Peele

Besetzung: Daniel Kaluuya, Keke Palmer, Brandon Perea, Steven Yeun, Michael Wincott, Keith David

Produktion: Ian Cooper, Jordan Peele

FSK: ab 12 Jahren

Länge: 130 Minuten

Verleih: Universal Pictures